Interview Rechtsanwältin Sonja Willner "Herzenssachen rational entscheiden"

2024-05-31
Interview Rechtsanwältin Sonja Willner
Interview Rechtsanwältin Sonja Willner "Herzenssachen rational entscheiden"

Damit die Traumimmobilie auf Mallorca nicht zum Alptraum wird, sollten Immobilienkäufer einige Dinge beachten.

Oftmals trügt der Schein – das gilt insbesondere für Immobilien. Aus diesem Grund sollte man sich nicht ausschließlich auf sein Gespür verlassen. Was zählt, sind harte Fakten. Und die lassen sich überprüfen, beispielsweise beim Vergleich von Grundbuch und Kataster. Zudem sollten Käufer die Eigentumsverhältnisse und Belastungen eines Objektes genau unter die Lupe nehmen. Rechtsanwältin Sonja Willner klärt über Tücken und Fallstricke auf. Damit Sie sicher zu Ihrer Traumimmobilie finden.

Welche Besonderheiten gibt es im spanischen Recht bzgl. eines Immobilienkaufs?
Es gibt einige wichtige Abweichungen beim Immobilienkauf in Spanien im Vergleich zu Deutschland. So geht zum Beispiel im Notartermin üblicherweise das Eigentum direkt auf den Käufer über. Der Kaufpreis wird vollständig ausgezahlt, nach dem Motto „Schlüssel gegen Geld“.  
Die Eintragung in Spanien ist rein deklarativ, aber nicht konstitutiv für die Eigentumsübertragung. Man kann Immobilien formfrei übertragen, deshalb ist Vorsicht geboten, seine Unterschrift unter eine Vereinbarung zu setzen, deren Folgen man nicht übersehen kann. Nur um den Erwerb im Grundbuch eintragen zu können, muss eine notarielle Beurkundung erfolgen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit, sollte jede Übertragung notariell beurkundet und eingetragen werden.
Damit kommen wir auch zur Funktion des Notars. Anders als zum Beispiel in Deutschland veranlasst dieser weder die Umschreibung, noch prüft er die Immobilie (er zieht einen aktuellen Grundbuchauszug vor der Beurkundung und erteilt Hinweise, wenn die Parteien dennoch beurkunden wollen, macht er das). Der Notar beurkundet den Willen der Parteien, nicht mehr und nicht weniger. Der Käufer muss sich um die Steuerzahlungen und Umschreibungen eigenverantwortlich kümmern.  Entsprechend wichtig ist es, fachkundige Berater zu haben. Das ist aber nicht der Makler. Makler haben eine wichtige Funktion, sie setzen die Parteien in Kontakt, unterstützen bei Verhandlungen. Sie dürfen aber weder rechtlich noch steuerrechtlich beraten, ein seriöser Makler weist die Parteien auch darauf hin und empfiehlt die Hinzuziehung von Anwälten und Steuerberatern.

Eine Sache, die immer wieder auftaucht: Alles stehe im Grundbuch bzw. Kataster und sei daher legal?
Nein, nur weil Immobilien im Kataster und/oder Grundbuch eingetragen sind, bedeutet das nicht, dass diese legal sind. Ausschlaggebend für die Eigentumsübertragung ist das Grundbuch (Registro de la propiedad). Wenn man im Kataster mehr Bebauungen sieht als im Grundbuch, sollte genauer hingeschaut werde.

Viele Verkäufer tendieren dazu, im Nachhinein Bestandserklärungen vorzunehmen, das bedeutet, dass sie vor dem Notar erklären, wie das Grundstück bebaut ist, um so gegebenenfalls eine Deckungsgleichheit mit dem Kataster zu erzielen. Diese Erklärung wird dann im Grundbuch eingetragen. Das bedeutet aber nicht, dass die Immobilie eine Baugenehmigung und Bauabnahme hatte – jedem Erwerber kann nur geraten werden, diese Themen fachkundig prüfen zu lassen. Dass es schon einmal eine sogenannte Bewohnbarkeitsbescheinigung für die Immobilie gab, heisst nicht, dass man diese auch wieder erneuern kann. Sollten Anbauten erfolgt sein, ohne dass diese baurechtskonform erfolgten, kann es passieren, dass genau das bei einem Antrag auf Erneuerung der Bewohnbarkeits­bescheinigung auftaucht.

Was sollte vor einem Kauf  grundsätzlich geklärt werden?
Eigentumsverhältnisse und Belastungen. Es sollte geprüft werden, ob die Immobilie, so wie sie dort steht, auch genehmigt und abgenommen wurde. Oftmals ist es so, dass eine Immobilie, die einmal bauordnungskonform errichtet wurde, im Laufe der Jahre „wächst“ und versäumt wird, sich diese Änderungen auch genehmigen zu lassen. Das gilt nicht nur für Häuser, auch so mancher Dachboden wurde in eine Wohnung umgewandelt und als „Wohnung“ genutzt. Es sollte immer geschaut werden, wie zum Beispiel der Anschluss an den Stromversorger erfolgt. Gibt es keinen eigenen Zähler, ist Vorsicht geboten. Bei Wohnungen geben Protokolle der Eigentümerversammlungen Aufschluss über den Erhaltungszustand der Immobilie und ob eventuell (teure) Sanierungsmassnahmen anstehen.
Hypothekarische Belastungen werden üblicherweise mit dem Kaufpreis abgelöst und die Bank erteilt Löschungsbewilligung. Wichtig ist, dass die Schulden den Kaufpreis nicht übersteigen. Man sollte auch immer einen Einbehalt vereinbaren, um die Kosten der Löschung (die der Verkäufer zu tragen hat) vom Kaufpreis entsprechend zu zahlen. Sollte man sich entscheiden, ein Grundstück zu erwerben, muss auch hier geschaut werden, dass das geplante Projekt auch zu realisieren ist. Bauvorschriften ändern sich immer einmal und auch die Trockenflüsse (Torrentes), die zur Ableitung grosser Wassermassen dienen, haben schon manchem Bauvorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Welche Fehler sollten Käufer und auch Verkäufer unbedingt vermeiden?
Niemand sollte übereilt Handeln. Eine Ferien­immobilie soll eine Freude sein, doch diese kann schnell getrübt werden, wenn man aus Angst, jemand könnte einem die Traumimmobilie wegschnappen, vertragliche Verpflichtungen eingeht, ohne deren Folgen zu sehen. Schnäppchen gibt es kaum. Wenn eine Immobilie wesentlich günstiger ist, als vergleichbare Objekte, sollte geklärt werden, warum dem so ist. Auch wenn das Herz „ja“ sagt, sollte alles rational bewertet werden.

Verkäufer sollten sich detailliert über die steuerlichen Folgen der Übertragung informieren und sicherstellen, alle Unterlagen, die für die Übertragung erforderlich sind, auch zeitnah beschaffen zu können. Ansonsten kann sich ein Verkäufer im schlimmsten Fall schadensersatzpflichtig machen. Hier ist auch besonderes Augenmerk auf Niessbrauchberechtigte zu legen. Diese müssen beim Verkauf mitwirken. Sind diese verstorben, muss mittels einer Originalsterbeurkunde das Erlöschen nachgewiesen und versteuert werden.

Gibt es für 2024/2025 Neuerungen  im Bereich Steuern und Recht, die für neue Immobilienkäufer wichtig sind?
Es soll wieder die Möglichkeit geben, bauordnungswidrige Liegenschaften nachträglich zu legalisieren. Noch ist das Gesetz nicht verabschiedet, wer aber eine Liegenschaft hat, die darunter fallen könnte, sollte sich mit einem Architekten dazu abstimmen.
Die spanische Presse meldete zudem, dass die „Golden Visa“ abgeschafft werden solle. Diese Regelung gibt ausländischen, nicht europäischen Investoren die Möglichkeit, eine Aufenthaltsgenehmigung in Spanien zu erlangen – Mindestinvestition 500.000,- Euro pro Person. Das hatte aber kaum Auswirkungen auf Immo­bilienkäufe, zumindest nicht in meinem Büro; aus meiner Sicht war es eher eine populistische Massnahme, um eine vermeintliche Lösung für die herrschende Wohnungsnot anzubieten.

Sonja Willner
Deutsche Rechtsanwältin
Spanische abogada

Plaza Porta Pintada 3, Entlo B
07002 Palma de Mallorca
Tel. +34 871 180 197
 Tel. +49 30 629 37 600
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