WOHNUNGSMARKT FORDERT VIEL FLEXIBILITÄT
Knappheit auf Mallorca erreicht 2025 neue Dimensionen: Die durchschnittlichen Mieten sind in wenigen Jahren stark gestiegen, während das Angebot um ein Drittel schrumpfte.
Die Situation des Mietmarkts auf Mallorca hat sich in den letzten Jahren zu einer sozialen Krise entwickelt. Mit Mietpreisen von etwa 1.600 Euro pro Monat (in einem Median-Korridor mit starken saisonalen Schwankungen) wird erschwinglicher Wohnraum für immer mehr Menschen unerreichbar – ein drastischer Anstieg von etwa 1160 Euro Durchschnitt im Jahr 2021.
Geografisch muss man auf den Balearen flexibel sein, um überhaupt noch etwas zu finden: Während in Inca und Manacor noch relative „Schnäppchen“ mit 11,30 Euro pro Quadratmeter zu finden sind, werden im gehypten Ibiza -Stadt bis zu 33,7 Euro fällig. Eine durchschnittliche 80-Quadratmeter-Wohnung kostet in der Hauptstadt der benachbarten Luxus-Insel bereits 2.696 Euro monatlich. Auch andere Orte auf Ibiza verzeichnen Höchstpreise.
Mallorca wirkt im Vergleich dazu fast schon günstig und dürfte im Übrigen auch noch etwas unter deutschen Top-Städten wie München rangieren: Llucmajor liegt laut Statistiken bei 14 Euro pro Quadratmeter, Port de Pollença bei 16,50 Euro Palma bei 17,20 Euro. In Santanyi oder Campos sind es in der Regel zwischen 11 und 12 Euro. Der Weg nach in die Inselhauptstadt ist weit, aber es lebt sich dort ansonsten nicht schlecht.
1200 Euro aufwärts
War vor der Pandemie die Familienwohnung vielleicht noch für 900 Euro kalt zu bekommen, so ist die Schallgrenze von 1000 Euro nun schon lange überschritten. Ein Programm mit subventionierten Mieten und Deckel bei 1050 Euro („Alquiler Seguro“ / „Sichere Miete“) entfaltet daher relativ wenig Wirkung, zumal man dafür mindestens fünf Jahre als Inselresident hinter sich haben muss. Auch 1200 Euro, 1500 Euro und mehr werden für eine 90-Quadratmeter-Wohnung schnell aufgerufen. Eine Summe, die angesichts der oftmals bescheidenen Gehälter selbst dann zu hoch sein kann, wenn in einer Familie zwei Erwachsene arbeiten.
Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielschichtig: Das Angebot an Mietwohnungen ist seit Ende der Corona-Pandemie um fast ein Drittel zurückgegangen – von etwa 49.000 auf nur noch 33.000 Einheiten. Gleichzeitig treiben die robuste Wirtschaft und der Traum vom mediterranen Leben die Nachfrage nach oben. Der Konkurrenzkampf um freie Wohnungen hat teilweise absurde Ausmaße angenommen.
Netzwerke
Der von der spanischen Zentralregierung festgelegte Index mit Richtwerten für die Miete ist auf Mallorca nicht verbindlich. Zumindest im Sommerhalbjahr sind die Angebotspreise bei Internet-Portalen teilweise doppelt oder dreimal so hoch wie empfohlen. Seriöse Makler, ein Netzwerk von Freunden und Bekannten auf Mallorca oder Serviced Apartments, wie sie auf der Insel ebenfalls vorhanden sind, können unter Umständen ein Ansatz sein, um trotzdem vernünftig unterzukommen.
Die prekäre Situation zwingt etliche Menschen zu Notlösungen: Sie weichen auf Wohnmobile aus. Die Stadt Palma wollte zunächst hohe Bußgelder verhängen, um das Phänomen zu bekämpfen. Nun wird es in engen Grenzen toleriert: Wohnmobile dürfen bis zu zehn Tage am selben Ort stehen bleiben. Die Stadtverwaltung hat Anfang des Jahres 156 dauerhaft bewohnte Fahrzeuge registriert, deren „Bewohner“ überwiegend sogar regulär gemeldet sind und meist im Dienstleistungssektor arbeiten.
Auch Wohngemeinschaften erleben einen Boom, und zwar zu erschreckenden Preisen: In der Briten-Hochburg Magaluf werden für 14-Quadratmeter-Zimmer bereits 760 Euro verlangt. In Palma sorgte kürzlich ein 900-Euro -Zimmer für zwei Personen in einem ärmlichen Vierteil für Aufsehen, während der Durchschnittspreis pro Zimmer sonst eher bei 500-600 Euro liegt. Mitunter sind WG-Zimmer natürlich auch wesentlich günstiger zu haben. Im Januar lag das günstigste Angebot bei 240 Euro.
Mehr Neubau
Die konservative Regierung unter Marga Prohens setzt auf weitreichende Liberalisierung der Vorschriften und schnellere Genehmigungsverfahren. Leerstehende Geschäftsräume sollen einfacher in Wohnungen umgewandelt werden können. Halblegale Bauten auf dem Land können gegen Gebühr teilweise legalisiert werden.
20.000 neue Wohneinheiten sollen in den kommenden Jahren allein in Palma entstehen, wenn es gelingt, das Bauplanungsrecht grundlegend zu ändern.
Kritiker sehen in diesen Maßnahmen jedoch aber keine kurzfristige Lösung für die akute Krise. Die spanienweite Mietpreisbremse kommt auf den Balearen nicht zum Tragen. Zwar sind die jährlichen Mieterhöhungen für bestehende Verträge auf 3 Prozent gedeckelt, doch bei Neuvermietungen gibt es mitunter kaum Grenzen.
Saisonalität
Für Wohnungssuchende bleibt vorerst nur der Rat, die Suche langfristig zu planen und besonders die Wintermonate zwischen November und Februar zu nutzen, wenn der Markt etwas entspannter ist. Die Lage ist stark von der Jahreszeit und den Saisonbeschäftigten abhängig, für die der Balearen-Aufenthalt jedoch immer unattraktiver wird. Manche bleiben deshalb lieber gleich in ihrer Heimat auf dem Festland, wo es aktuell bessere Arbeitsmöglichkeiten gibt als noch vor einigen Jahren. Im Umkehrschluss bedeutet die Saisonalität, dass im Mai für Kurzentschlossene kaum noch etwas zu bekommen ist. Ein Umzug auf die Insel will also wohlüberlegt und von langer Hand geplant sein.
Personalwohnungen von Arbeitgebern gewinnen zunehmend an Bedeutung - für viele Unternehmen sind sie der einzige Weg, überhaupt noch Mitarbeiter zu finden.
Die Standard-Mietdauer in Spanien wurde zwar von der linken Zentralregierung von drei auf fünf Jahre verlängert, mit Option auf weitere drei Jahre. Doch viele Vermieter umgehen diese Regelung durch Kurzzeitverträge, die mit Saisonarbeit oder befristeten Aufenthalten begründet werden. Es entwickelt sich eine Grauzone, in der beide Seiten improvisieren müssen - ein typisch mediterranes Phänomen. Wenn es keine Probleme gibt und immer pünktlich bezahlt wird, kann später unter Umständen ein regulärer Mietvertrag folgen. Improvisieren will eben gelernt sein.
Experten erwarten für die kommenden Jahre keine schnelle Entspannung. Proteste gegen die Wohnungsnot richten sich teilweise auch gegen den „Massentourismus“, obwohl der Pauschalurlaub mit den hausgemachten Problemen wenig zu tun hat.
Michael U. Maier