Kolumne Lutz Minkner Februar 2022 - "Referenzwert" für Immobilien

2022-01-31
Kolumne Lutz Minkner Februar 2022 -
Kolumne Lutz Minkner Februar 2022 - Das steckt hinter dem neuen "Referenzwert" für Immobilien

Kolumne Lutz Minkner Februar 2022 - Das steckt hinter dem neuen "Referenzwert" für Immobilien

Einst war das spanische Immobilienwesen geprägt von sogenannten „Unterverbriefungen“, bei denen ein geringerer Kaufpreis beurkundet als tatsächlich gezahlt wurde. Auch wenn durch engmaschige Kontrollsyteme Unterverbriefungen der Vergangenheit angehören, kam und kommt es immer wieder zu Streitigkeiten mit der Finanzbehörde, wenn diese im Rahmen ihres Nachprüfungsrechts den „wahren“ Kaufpreis höher an- und in einem Nachbesteuerungsverfahren höhere Steuern durchsetzte. Diese Streitigkeiten sollen zukünftig vermieden werden.
Aufgrund der Sonderbestimmungen im „Gesetz gegen den Steuerbetrug vom 10. Juli 2021“ (in Erfüllung der EU Richtlinie 2016/1164 v. 12.07.16) wird seit Januar 2022 für jede spanische Immobilie jährlich ein „Markt-Referenzwert“ festgelegt. Es bleibt allerdings daneben der aktuelle Katasterwert, der z.B. als Berechnungsgrundlage für die jährliche Gemeindesteuer dient. Zur Berechnung des Referenzwertes wird das gesamte spanische Staatsgebiet in Zonen aufgeteilt, für die anhand von Aufzeichnungen der spanischen Notare und Grundbuchämter ein pauschaler Quadratmeterpreis festgelegt wird. Dieser Refe renzwert ist dann der Mindestbetrag, auf den Grunderwerb-, Schenkung-, Erbschaft- und Stempelsteuern zu zahlen sind.  Die Grunderwerbsteuer z.B. ist dann nicht auf den beurkundeten Kaufpreis zu zahlen, sondern auf den Referenzwert. Der Referenzwert ist zukünftig in jeder Kaufurkunde, in Erklärungen zur Erbschaft- und Schenkungsteuer etc. anzugeben. Auch für die Vermögensteuer ist zukünftig auf den Referenzwert abzustellen. Der Referenzwert soll bei 90 % des Verkehrswertes–Marktwertes liegen.
Streitigkeiten sind dennoch vorprogrammiert, denn die pauschalen Quadratmeter-Preise können ja nur Mittelwerte sein, und berücksichtigen ebenso wenig mangelhafte oder gar ruinöse Qualitäten wie beste Materialien und Ausführung. Der Gesetzgeber dagegen rühmt Erleichterungen durch die Einführung des Referenzwertes, weil dadurch die späteren Steuer-Nacherhebungen und die entsprechenden Verfahren vor den spanischen Finanzgerichten entfielen. Tatsächlich zielt das Gesetz aber darauf ab, die Steuereinnahmen zu erhöhen. Dies wird dadurch verschleiert, dass nicht die Steuersätze angehoben, sondern die Steuerbemessungsgrundlage vergrößert wird.
Der Referenzwert wird jährlich für jede Immobilie veröffentlicht. Sollte der Referenzwert deutlich vom Verkehrswert abweichen, kann gegen die Katasterbehörde der Rechtsweg beschritten werden. Kostengünstiger ist es wohl, den Referenzwert erst im Falle der Entstehung einer Steuer bei Verkauf, Schenkung oder Erbschaft anzugreifen. In diesem Fall müsste zunächst z.B. die Grunderwerbsteuer auf den Referenzwert gezahlt und dann eine berichtigte Grunderwerbsteuererklärung mit dem geringeren Wert abgegeben und der zuviel geforderte Betrag zurückgeordert werden. Dieser Rückforderung sollte ein Sachverständigengutachten beigefügt werden, das den Minderwert belegt.

Lutz Minkner blickt auf 45 Jahre Tätigkeit als Rechtsanwalt, Dozent,
Fachbuchautor und Unternehmer zurück.
Seit 1984 ist er Vorstand des Immobilienunternehmens Minkner & Partner

www.minkner.com



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